Die ersten Wochen im Friedberger Stadtrat: Im Gespräch mit der neuen SPD-Fraktion

Nur wenige Wochen sind seit der Vereidigung des neuen Friedberger Stadtrates vergangen. Neben vielen organisatorischen Aufgaben, wie der Besetzung von Ausschüssen und Pflegerstellen, steht mit der Bewältigung der Folgen der Coronakrise eine wahre Mammutaufgabe ins Haus. Auch erste „Alltagsgeschäfte“ wie Beschlüsse über Bebauungspläne und andere Satzungen sowie echte stadtpolitische Meilensteine wie der Wohnungsbau an der Afrastraße standen bereits auf der Agenda. Als stellvertretender Vorsitzender der SPD Friedberg habe ich nachgefragt, was meine Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat bewegt:

Was ist für euch bisher die wichtigste Erkenntnis in eurer Stadtratsarbeit?

Fraktion: Die wichtigste Erkenntnis ist diejenige, dass fraktionsübergreifende Arbeit gelingen kann. Auch, wenn uns das Thema „Corona“ gerade vor große Herausforderungen stellt konnte der neue Stadtrat über die Fraktionen hinweg durch einen sachlichen Austausch und gute Abstimmung mit der Verwaltung und dem Ersten Bürgermeister – meist fern von politischem Taktieren – wichtige Beschlüsse zum Wohle unserer Stadt treffen.

Welche sind aus eurer Sicht die bisher wichtigsten im Stadtrat getroffenen Entscheidungen gewesen?

Fraktion: Der Ausbau der nördlichen Bahnhofstraße, der nun endlich ohne weitere zeitliche Verzögerungen umgesetzt wird war für uns sehr wichtig. Auch, dass die durch „Corona“ bedingte Haushaltssperre nicht den gesamten Haushalt nach einer „Rasenmähermethode“ zurechtstutzt, sondern mittels differenzierter und geeigneter Beschränkungen nach Einzelfall und Prioritäten die Handlungsfähigkeit der Stadt gesichert bleibt, war für uns eine wichtige Entscheidung. Dass die Kinderbetreuung, die so dringend umgesetzt werden muss mit einem festen Finanzrahmen nun zügig ausgebaut und erweitert wird und dass die Erweiterung der Grundschule-Süd, sowie die Fertigstellung der Wohnungen in der Afrastraße auf den Weg gebracht wurden erfüllt uns mit Stolz. Auch das waren wichtige Entscheidungen in der bisherigen Stadtratsarbeit.

Was hat euch im Stadtrat überrascht?

Fraktion: Die Entscheidung der Mehrheit im Stadtrat für mehr als zehn Beiräte, ohne im Vorfeld Klarheit zu schaffen, welches Ziel und welche Aufgabenstellung es für den jeweiligen Beirat umzusetzen gilt, hat uns sehr überrascht. Diese Entscheidung konnten wir nicht mitgetragen. Wir sind für umfassende Bürgerbeteiligung. Was wir jedoch nicht wollen sind Heißluftballons ohne klares Ziel und ohne Wissen, wer bis zuletzt an Bord bleibt. Wir wollen keinen Ballon mit Erwartungen füllen, der sich dann im Nirgendwo verliert. So war es leider in der Vergangenheit mit der Arbeit der Beiräte. Viel Aufwand für die Verwaltung bei keinen oder nur unwesentlichen Ergebnissen. In diesem Zusammenhang hat uns auch die Aussage, „wenn es nicht funktioniert, dann stellen wir die Arbeit der Beiräte wieder ein“, eines Stadtratskollegen irritiert. Wir halten diesen Ansatz für wenig konstruktiv und nicht lösungsorientiert. Es sollte eigentlich von Beginn an mit einem positiven und erfolgsversprechenden Arbeitsformat gearbeitet werden. Auch im Vergleich mit unserer Nachbarstadt Augsburg, die bei der fast zehnfachen Einwohnerzahl Friedbergs 13 Beiräte eingerichtet hat, erschließt sich uns nicht, wofür Friedberg ebenfalls mehr als zehn Beiräte brauchen soll. Drei Beiräte wie bisher, für Inklusion, Sport und Flüchtlingsintegration, haben wir befürwortet. Für alles andere hätten wir uns modernere Ansätze mit agilen Methoden und einem Generationenmanagement vorstellen können, die so nun nicht zum Zuge kamen. Dass der Vorschlag der SPD-Fraktion einen Verwaltungspfleger einzusetzen keine Mehrheit erzielen konnte war für uns ebenfalls überraschend und auch enttäuschend. Gerade in der Zukunft ist u. a. wegen des Themas „Corona“ eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Stadtrat und Verwaltung von größter Bedeutung. Der Bereich „Verwaltung“ als größter Haushaltsposten bleibt damit leider ohne festen Ansprechpartner im Stadtrat.

Die SPD besetzt diverse Pflegerposten und hat auch im Wahlkampf bereits inhaltlich vorgearbeitet. Für welche Themen setzt ihr euch daher gerne zukünftig ein?

Ulrike Sasse-Feile: Wir wollen günstigen und bezahlbaren Wohnraum für Friedbergerinnen und Friedberger schaffen. Darüber hinaus sind uns die Altstadtentwicklung mit der Verkehrsberuhigung der Ludwigstraße und der Steigerung der dortigen Aufenthaltsqualität sowie die Förderung von Gastronomie und Einzelhandel Herzensangelegenheiten. In Sachen Digitalisierung möchten wir den Sitzungsdienst des Stadtrates modernisieren und so ca. 5.000 Blatt Papier pro Sitzung einsparen.

Simone Hörmann von und zu Guttenberg: Die Weiterentwicklung der Ortsteile, die Anbindung von Friedberg-West, der Ausbau von Angeboten und die Unterstützung für die älteren Mitbürger unserer Stadt sind mir, insbesondere auch als Seniorenpflegerin, ein besonderes Anliegen.

Sabine Mergle: Als Kulturpflegerin werden alle Facetten dieses Themenbereichs meine Stadtratsarbeit prägen. Sehr am Herzen liegt mir beispielsweise die Vereinsförderung, da diese viel für ein soziales Umfeld beitragen. Moderne Verkehrskonzepte und ein fahrradfreundliches Friedberg sind weitere wichtige Themen für mich.

Markus Rietzler: Für Brandschutz und die Feuerwehren, für Zivil- und Katastrophenschutz und alles rund ums Thema Bauen. Außerdem sind mir das Ehrenamt und die Vereinsarbeit ein wichtiges Anliegen, da unser Leben maßgeblich durch diese geprägt und gestaltet wird.

Sebastian Pfundmeir: In erster Linie für Jugendpolitik selbstverständlich. Als einer der Pfleger für die Friedberger Jugend möchte ich hier einen guten Draht und ein offenes Ohr haben. Gerade in diesem Bereich gilt es agile Konzepte zu erarbeiten, da sich gerade in der Jugendzeit vieles schnell ändert. Außerdem möchte ich mich für das gesellschaftliche Leben in unserer Altstadt einsetzen.

Der Kommentar von Ute Krogull mit dem Titel „Der Stadtrat hat seine Chance verpasst“ bedarf zwingend einer Präzisierung. Denn hier wird der gesamte Stadtrat für eine Situation verantwortlich gemacht, für die aber nur bestimmte Fraktionen verantwortlich sind.

Die Wertung ist bemerkenswert nachdem der neugewählte Stadtrat ja erst seit 3 Monaten tagt und vor allem auch 50 % der Besetzung neu im Amt sind.

Statt einer pauschalen Aburteilung des Stadtrates wäre es für die Bürger sicherlich zielführender „Ross und Reiter“ für die verpassten Chancen zu nennen und wie hier Abstimmungen erfolgten. Die Friedberger Bürgerinnen und Bürger könnten sich so informieren und mehr denn je genau auf die Haltung einzelner Fraktionen achten.

Wir von der SPD Stadtratsfraktion stehen ganz klar zu einer konstruktiven und an der Sache ausgerichteten Zusammenarbeit, sicherlich auch die Fraktion der Parteifreien Bürger.

De Bürgermeister packt an, seine Verwaltung arbeitet erstklassig, so man sie lässt und unterstützt. Deshalb stehen wir wegen Corona auch sehr gut da. 

Wir arbeiten bisher mit der Stadtverwaltung bestens zusammen und wollten als Zeichen und Bedeutung dieser wertvollen Zusammenarbeit für die Stadt auch einen Pfleger für die Verwaltung etablieren. Dies wurde von einer Mehrheit abgelehnt.

Unsere Fraktionsvorsitzende wird zusätzlich jeweils für zwei Tage in den Referaten hospitieren, um der Verwaltung ihr Vertrauen und ihre Wertschätzung zum Ausdruck zu bringen und die Grundlagen für eine zielführende Zusammenarbeit weiter auszubauen.

Die im Kommentar als „zänkisch“bezeichnete Arbeitsweise des Stadtrats hat nach unserer Meinung eine ganz andere Ursache:    

Teilen des Stadtrats geht es darum , den Bürgermeister und in der Konsequenz auch seine Verwaltung kleinzuhalten.

Auch, hier stimmt die Aussage des Kommentars, erinnert man sich nicht immer an die eigenen schon getätigten Stadtratsbeschlüsse aus der Vergangenheit.

Vielleicht ist das Ergebnis der Bürgermeisterwahl auch noch nicht überwunden. Schade!

Wir stehen für eine politische Aktivität zum Wohl der Stadt und nicht für eine Profilierung durch Blockade.

Die SPD Fraktion